The Merchandise Mart ist seit Jahrzehnten eine Institution im Herzen Chicagos und hat eine bewegte Geschichte. Der Geschäftsmann Marshall Field ließ das Gebäude errichten, um einen zentralen Handelsplatz für Einzelhändler zu schaffen. Bei seiner Eröffnung im Jahr 1930 war das Bauwerk, das Elemente der Gebäudetypen Kaufhaus, Lagerhaus und Wolkenkratzer vereint, das Größte der Welt. Vom Planer Alfred Shaw seinerzeit als Stadt in der Stadt angelegt, führte das Handelshaus bis ins Jahr 2008 sogar seine eigene Postleitzahl.
Die Geschäfte in dem geräumigen Gebäude hatten einen schweren Start: Während der Great Depression, die in den dreißiger Jahren ihren Höhepunkt hatte, brach der Handel ein und Verkaufsflächen waren nicht gefragt. Im Zweiten Weltkrieg nutzte die Regierung zahlreiche Etagen als Büroräume. Erst als Joseph P. Kennedy, Vater des späteren US-Präsidenten, nach Kriegsende das ursprüngliche Geschäftshaus erwarb, wurde im Merchandise Mart wieder gehandelt. Große Fachausstellungen lockten ab Mitte der 1940er zahlreiche Verkäufer und Besucher nach Chicago – wodurch die Stadt eine Vorreiterrolle in der Messe- und Tourismusbranche einnahm.
Der Ästhetik des Art déco entsprechend, setzte Shaw bei der Gestaltung der Empfangshalle auf warme Töne, kostbare Materialien und elegante Formen. Dreiecksmotive finden sich auf dem stilvollen Terrazzoboden und in dreidimensionaler Form an den Leuchtern der Marmorsäulen wieder. Die Eleganz des Interieurs bildet gewissermaßen einen Gegensatz zum monumentalen Äußeren des 25-stöckigen Baus. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Mieterstruktur im The Mart verändert: Neben Mode- und Mobiliaranbietern, die in den Showrooms unter anderem luxuriöse Küchen, Bäder und Heimtextilien präsentieren, machen Unternehmen die im Bereich der neuen Technologien und Startups tätig sind einen Großteil der Mieter aus. Im Zuge der Renovierung des Empfangsbereichs hat der New Yorker Architekt Paul Privitera diese Veränderung aufgegriffen und setzt moderne Akzente. Rund um den Empfangstresen schmücken nun Tafeln aus goldschimmerndem Messing die Wände. Aufgrund seiner edlen Optik ist die Kupfer-Zink-Legierung im Moment in der Architektur äußerst begehrt, zudem ergänzt das Farbspiel des hochwertigen Materials perfekt die ursprünglich von Shaw gewählten Farben.
Auch die bestehende Formgebung wurde vom New Yorker Planungsbüro Architecture Plus Information aufgegriffen und mit Hilfe der POHL-Gruppe aus Deutschland auf die Messingtafeln übertragen. Das Resultat sind über 600 Lochbleche, von denen keines dem anderen gleicht:Dreiecke mit unterschiedlichen Winkeln, versehen mit kleinen und großen Ausstanzungen werden von Dimples, also konkaven und konvexen Prägungen ergänzt. Um die Bleche auf die gewünschte Weise formen zu können, wurde ein Spezialeinsatz für die Kantpresse im Kölner Werk entworfen, anschließend konnte jedes Bauteil in akribischer Handarbeit gekantet, gelocht und geprägt werden. Obwohl Messing aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit besonders stabil und nachhaltig ist, ist es bei der Verarbeitung empfindlich – genau dieser Kontrast macht das Material für die Verarbeiter aber besonders reizvoll. Damit die Aufhängungen der exklusiven Messingdreiecke für den Betrachter unsichtbar sind, werden sie von individuell gefertigten U-Profilen verdeckt, wodurch die Oberfläche trotz der Formenvielfalt strukturiert wirkt. Auch an dem großen Treppenaufgang aus Marmor finden sich Akzente aus Messing: Auf den Setzstufen angebrachte Blenden – sogenannte Riserplates – aus geätztem Messing greifen ebenfalls die Formgebung auf, allerdings nicht durch Ausstanzungen, sondern als Relief. Dadurch komplettieren die Paneele das optische Zusammenspiel von Muster und Material.
Mit der hochwertigen Wandverkleidung um den Empfangsbereich hat Paul Privitera die art-déco-typische gestalterische Verbindung von Eleganz und Form aktuell interpretiert: Die Messingbleche lassen den Empfangsbereich in neu-em Glanz erstrahlen und verleihen dem altehrwürdigen The Merchandise Mart einen modernen Charakter.